Digital-Agentur, Digitalagentur oder vielleicht digitale Agentur?
Der Begriff „Digitalagentur“ ist heutzutage in aller Munde und man kann schnell den Eindruck gewinnen, dass selbiger sehr inflationär benutzt wird. Viele Unternehmen aus dem Dienstleistungssektor werden als Agentur bezeichnet. - Ist die Digitalagentur dann die Unternehmensform der Zukunft in der Welt der Informationstechnologie? Eine Werbeagentur erbringt Dienstleistungen hinsichtlich Werbung und PR. Eine Internet Agentur ist ein Unternehmen, welches Dienstleistungen im Onlinebereich anbietet. Eine Digitalagentur erbringt demnach dann digitale Services?
Was ist es denn dann?
Selbst kleine und mittelständische Unternehmen kommen heute nur noch selten ohne Webauftritt aus. Dabei sind die Anforderungen so verschieden wie die Kunden und Besucher der Webseite. Manche Kunden haben speziellere Anforderungen an eine Digitalagentur als andere, welche über den berühmten „Homepagebaukasten“ hinausgehen. Also muss man bei der Programmierung von solchen Internetauftritten zum Beispiel auf eine Zusammenführung der unterschiedlichen IT-Bereiche oder bestimmte Kommunikationsaspekte achten, wofür es Spezialisten braucht.
Oft hört man auch, dass die Begrifflichkeit „Digitalagentur“ etabliert wurde, um sich von der vermeintlich angerosteten Terminologie der „Internetagentur“ zu distanzieren. Ganz nach dem Motto: Auch unsere Großeltern wissen mittlerweile was das Internet ist - also braucht man einen etwas moderneren Begriff. Schließlich sprechen heute nicht mehr nur Nerds und Geeks von der digitalen Transformation.
Dies ist aber nur zu Teilen richtig. Digitalagenturen haben zwar eine große Schnittmenge mit Internetagenturen, was die Aufgabenbereiche betrifft. Sie haben aber dennoch auch einen sehr eigenen Fachbereich. Eine finale und eindeutige Abgrenzung ist jedoch nicht möglich, da diese von den Angeboten und dem Produktportfolio einzelner Digitalagenturen abhängig ist. Und überhaupt: Schubladendenken ist doof.
Die drei wesentlichen Aufgabengebiete einer Digitalagentur
Die gemeinsame Schnittmenge einer klassischen Internetagentur und einer Digitalagentur sind Fachbereiche wie Webseiten programmieren, mobile Apps, Internetportale, Online Shops usw. Digitalagenturen haben jedoch noch einen etwas anderen Fokus: Sie durchdenken im allgemeinen das Thema digitaler Schnittstellen, Kommunikationsstrukturen usw. mit einer spezielleren Kreativität und setzten sich ganzheitlicher mit einem Unternehmen und dessen Produktsortiment auseinander. Nicht allein zwingend aus Gründen der Authentizität, sondern oft weil es das Produkt, der Kunde oder das Projekt voraussetzt.
1. Design, Design, Design
User Experience (UX) behandelt alle emotionalen Aspekte eines Users zu einem Service oder Produkt. Dabei geht es um den individuellen Bezug, welcher sich im Laufe der Zeit ändern kann und als dynamischer Prozess zu definieren ist. Im Kern geht es jedoch nicht alleine um Usabillity sondern viel mehr um die Human Computer Interaction, Nutzungsphasen und den jeweiligen Touchpoints. Ähnliches gilt für User Interface Design (UID). Dieser Fachbereich behandelt im wesentlichen den Themenbereich wie Nutzer einen einfachen und intuitiven Zugang zu Eingabegeräten bekommen, um auch komplexe Systeme oder Anwendungen nutzen und bedienen zu können.
2. Technologie über alles
Schnell arten zunächst einfache Anforderungen zu verflochtenen Strukturen aus. Besonders in komplexeren eCommerce Projekten kommen oft infrastrukturelle Probleme auf. Es ist häufig notwendig, Lastenhefte anzupassen und verschiedene Abteilungen zu synchronisieren, da sich Projekte evolutionär anders verhalten als vom Projekt- oder Produktmanager der Digitalagentur zuvor definiert. Es kann zum Beispiel sein, dass die Logistik oder das Warenwirtschaftssystem an den Online Shop angeschlossen werden soll, oder die IT-Infrastruktur muss das neue Softwareprodukt unterstützen. So können sich Digitalagenturen auch als Technologieanbieter positionieren. Unter bestimmten Voraussetzungen können sie sich nicht nur als projektbezogenen Dienstleister für zeitlich begrenzte Projekte aufstellen, sondern sich zu einem langfristigen Partner mit einem sehr hohen „Customer Lifecycle“ entwickeln. Dadurch ergibt sich die Möglichkeit Plattformen oder Produkte langfristig zu begleiten, zu überwachen und an deren Entwicklung kreativ mitzuwirken. Das kann ein ganz neues Produktportfolio oder in Einzelfällen sogar neue Geschäftsbereiche mit sich bringen.
3. Systemmanagement ist das Zauberwort
Der aber wahrscheinlich auffälligste Unterschied einer Digital Agentur zu einer Internetagentur liegt im Bereich integrativer Systeme und Anwendungen. Das kommt zum tragen, wenn es zum Beispiel ein elementares Produktfeature ist, dass unterschiedliche Geräte miteinander kommunizieren oder via mobiler App gesteuert oder überprüft werden kann. In vielen Fällen ist dieses der bemerkenswerte Vorteil eines Produkts und verspricht den Mehrwert gegenüber der Mitbewerber. Es gibt Geräte, die ohne weiteres menschliches Zutun miteinander kommunizieren, Informationen austauschen und den Nutzer nur noch bei Bedarf informieren (Stichwort: Internet of Things). Ein ganz konkretes Beispiel hierfür sind zum Beispiel „Smart Home Anwendungen“. Auch hier kann ein solches „Know-How“ neue Marktanteile und Geschäftsbereiche schaffen.
Nicht alles Gold, was glänzt
Eine derartig breite Aufstellung kann aber auch Gefahren mit sich bringen. Es kann sein, dass Projekte gegebenenfalls unscharf definiert wurden und in der Entwicklung ein sehr spezielles „Know-How“ voraussetzen, welches im schlimmsten Fall teuer zugekauft oder aufgebaut werden muss. Wenn das Agenturportfolio diffus, unklar oder sogar fehlerhaft eingegrenzt ist, kann es für potenzielle Kunden abschreckend wirken. Das ist nicht unbedingt zuträglich für das Vertrauen in die Agentur und kann im schlimmsten Fall zu einer lückenhaften Reputation führen. Eine Marke kann sich im Wettbewerb nur behaupten, wenn sie ihre Leistungen klar beschrieben und definiert hat. Wenn nicht einmal die Agentur selbst weiß was sie kann, wieso sollte sich ein potentieller Kunde für sie entscheiden?
Fazit:
Wenngleich die auf abstrakter Ebene formulierten Aufgabenbereiche mit denen anderen Agentur-Typen zu verschwimmen scheinen, so lassen sich bei genauerer Betrachtung doch erhebliche Unterschiede feststellen. Wie zu Anfang erklärt ist eine genaue Typisierung der jeweiligen Agenturen aber schwierig, da sich deren Produktportfolio natürlich am Markt und nicht einer abstrakt definierten Beschreibung orientiert. Zusammenfassend kann man aber sagen, dass eine Digitalagentur sich mit der digitalen Transformation von Unternehmen beschäftigt. Das impliziert unter anderem Kommunikationsstrukturen, Digitalanwendungen und viele weitere mehr.